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Enterben – aber richtig!

Jeder  kann seine Erben frei bestimmen und ist nicht an die gesetzliche Erbfolge gebunden. Das ergibt sich aus der Testierfreiheit (§ 1937 BGB). „Ent-Erben“ bedeutet konkret, einen gesetzlich erbfolgeberechtigen Angehörigen von der Erbfolge auszuschließen. Je nach Situation muss das nicht zwangsläufig ein feindlicher Akt sein. Gründe dafür gibt es viele, z. B. Angst um den Vermögenserhalt, Gerechtigkeitsempfinden etwa wegen hoher Schenkungen oder Ausbildungskosten zu Lebzeiten, aber auch Streit oder Enttäuschung. In den seltensten Fällen werden diese Gründe gerichtlich überprüft. Allerdings sollte das Testament, das zur  Veränderung der gesetzlichen Erbfolge zwingend erforderlich ist, gerichtsfest sein.

Ansatzpunkt ist die gesetzliche Erbfolge: Bitte  machen Sie sich die gesetzliche Erbfolge klar (s. § 1922 ff. BGB): Der überlebende Ehegatte erhält in der Regel die Hälfte des Erbes: neben einem Viertel als erbrechtlichem Anspruch ein weiteres Viertel als Zugewinnausgleich (nur im Güterstand der Zugewinngemeinschaft ). Der Nachlass geht im Übrigen an die Kinder des Erblassers zu gleichen Teilen, sind keine Kinder (mehr) da, an die Enkel und erst dann, wenn keine Enkel vorhanden sind,  an die Eltern und deren Kinder, also die Geschwister des Erblassers.

Wann bekommen „Enterbte“ keinen Pflichtteil?

Enterben mit dem Ergebnis, dass der Enterbte tatsächlich  nichts, also keinen Pflichtteil  bekommt, funktioniert nur bei entfernteren Verwandten. Die Pflichtteilsansprüche der nächsten Angehörigen, das sind Kinder, Eltern und der Ehepartner, gehen nur bei besonders schweren Pflichtverletzungen, Vergehen oder Verbrechen leer aus (abschließende Liste s. § 2333 BGB). Um dies sicherzustellen, ist testamentarisch eine Entziehung des Pflichtteils erforderlich unter eingehender Schilderung der Verfehlungen, die zu dem Zeitpunkt bereits stattgefunden haben müssen (§ 2336 BGB). Solche Fälle sind wirklich ganz selten.

Im Übrigen bekommen die pflichtteilsberechtigten Angehörigen nur dann nichts, wenn sie auf die Erbschaft oder den Pflichtteil verzichten (Erbverzichtsvertrag, Pflichtteilsverzichtserklärung, zwingend notariell zu beurkunden).  Hier ist also die Mitwirkung der Pflichtteilsberechtigten  oft mit  einem finanziellen Ausgleich zu Lebzeiten Voraussetzung für die rechtssichere Veränderung der gesetzlichen Erbfolge.

Pflichtteilsanspruch für Kinder, Ehegatten, Eltern

In der Regel bekommen die enterbten Kinder, Ehegatten und Eltern nicht „nichts“, sondern den Pflichtteil. Der Gesetzgeber befreit den Erblasser also nicht gänzlich aus der Sorgepflicht für seine nächsten Angehörigen. Konkret: Wenn Sie für Ihre Kinder, Ihren Ehegatten oder Ihre Eltern als gesetzliche Erben testamentarisch einen Ausschluss von der Erbfolge formulieren („Mein Sohn S erhält nichts“) oder sie schlicht ignorieren, erhalten sie dennoch den gesetzlichen Pflichtteil in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Anspruchs (§ 2303 BGB). Dabei gilt das Rangprinzip der gesetzlichen Erbfolge:

Die Eltern des Erblassers haben nur dann Pflichtteilsansprüche, wenn keine Abkömmlinge vorhanden sind. Kinder verdrängen also die (Groß-)Eltern auch im Pflichtteilsrecht.

Der Pflichtteilsberechtigte kann diesen Anspruch gegenüber allen gesetzlichen und sonstigen Miterben innerhalb einer Frist von drei Jahren durchsetzen – allerdings nur als Geldzahlung. Hinzu kommen Ergänzungsansprüche aus Schenkungen des Erblassers an Dritte, soweit diese weniger als zehn Jahre zurückliegen (§ 2325 BGB). Außerdem werden diese Schenkungen mit 1/10 pro Jahr rechnerisch abgeschmolzen, zurückgerechnet vom Erbfall ( Ausnahmen siehe unten).

Reduzierung des Pflichtteilsanspruchs

Der zukünftige Erblasser hat verschiedene Möglichkeiten, noch zu Lebzeiten vorausschauend den Pflichtteilsanspruch für Kinder, Ehegatten und ggfs. Eltern im Erbfall zu verringern und damit das Ziel, die Erben vor teilweise existenzbedrohenden Pflichtteilsansprüchen zu schützen, zu erreichen.

Frühzeitige Schenkungen an die anderen Erbberechtigten oder an Dritte: diese müssen mindestens zehn Jahre vor dem Erbfall liegen oder an Gegenleistungen geknüpft sein, damit kein  sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch daraus abgeleitet werden kann; sie dürfen auch den Wert des verbleibenden Erbes nicht unverhältnismäßig überschreiten.

Zuwendungen an den Pflichtteilsberechtigten zu Lebzeiten: dabei muß unbedingt die Anrechnung der Schenkung auf den Pflichtteil vor/bei der Schenkung vereinbart werden – später geht dies einseitig nicht!

Nießbrauchsrechte oder ein lebenslanges Wohnrecht: Diese zurückbehaltenen Rechte schmälern zwar den Wert der Schenkung und damit auch den Pflichtteilsergänzungsanspruch. Allerdings beginnt dann die 10-Jahresfrist ( auch keine Abschmelzung von 1/10 pro Jahr vor dem Erbfall !) nicht zu laufen, eine ganz gefährliche Falle! 

Der Güterstand der Gütertrennung  ist (fast) nie das Mittel der Wahl, denn er senkt ab zwei Kindern die Erbquote des Ehepartners und erhöht die Erbquoten der Kinder jeweils ganz deutlich, so daß deren Pflichtteilsansprüche teilweise doppelt so hoch sind! 

Die Gestaltungsmöglichkeiten und die Anforderungen an eine rechtssichere „Enterbung“sind komplex. 

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