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Berliner Testament

Von „Berliner Testament“ spricht man, wenn die Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament erstellen (§§ 2265–2272 BGB) und darin folgende Regelung treffen: Sie setzen sich gegenseitig als Alleinerben ein und bestimmen darüber hinaus als Erben des Längstlebenden von ihnen – sog. Schlusserben – einen Dritten, meistens die Kinder. Sie weichen damit von der gesetzlichen Erbfolge ab, bei der der überlebende Ehegatte nur die Hälfte des Nachlasses des verstorbenen Ehegatten erbt und die andere Hälfte unter den Kindern aufgeteilt wird.

Vorteile des Berliner Testaments

Das Berliner Testament stärkt die Rolle des überlebenden Ehegatten gegenüber den Kindern. Stirbt der erste Elternteil, z.B. der Vater, erhalten die Kinder dessen Erbe erst, nachdem auch die zunächst erbende Mutter verstorben ist. Das kann aus verschiedenen Gründen vorteilhaft sein. So wird eine konfliktanfällige Erbengemeinschaft des überlebenden Ehegatten mit den Kindern vermieden, etwa um eine selbstbewohnte Immobilie. Auch Konstellationen mit Kindern aus vorherigen Partnerschaften können so berücksichtigt werden. Andererseits bleiben die steuerlichen Freibeträge der Kinder nach dem ersten Elternteil (je Kind immerhin € 400.000.-) ungenutzt. Deswegen sollte das Berliner Testament, um dem überlebenden Ehepartner alle steuerlichen Reaktionsmöglichkeiten offen zu halten, immer mit einem sog. „Supervermächtnis“ kombiniert werden, mit dem der überlebende Ehepartner den Kindern von ihm auszugestaltende Vermächtnisse des Erstversterbenden erfüllt, die steuerlich als Erwerb von Todes wegen des Erstversterbenden gewertet werden und dadurch die Steuerfreibeträge der Kinder ausnutzen können.

Zwei Gestaltungsmöglichkeiten

  • Vollerbschaft des längstlebenden Ehegatten: Hier verschmilzt die Vermögensmasse des Erblassers mit dem Eigenvermögen des überlebenden Ehegatten (Einheitslösung). Daher hat der erbende Ehegatte bereits zu Lebzeiten die volle Verfügung über die (ehemalige) Vermögensmasse des Erblassers und kann damit frei Rechtsgeschäfte tätigen, einschließlich Verkauf und Schenkung. Lediglich für den Todesfall darf keine Verfügung gegen die im gemeinschaftlichen Testament begünstigten Kinder getroffen werden. Die Kinder erhalten im zweiten Erbfall das, was vom Erbe des Erstverstorbenen übrig ist, und den Nachlaß des Längstlebenden. Im Zweifel wird angenommen, dass Vollerbschaft beabsichtigt war (§ 2269 I BGB).
  • Vorerbschaft des längstlebenden Ehegatten: Hier bleibt die Vermögensmasse des Erblassers getrennt bestehen (Trennungslösung). Der überlebende Ehegatte ist lediglich Vorerbe und als solcher eine Art Treuhänder (s. §§ 2100 ff. BGB). Die Kinder (Nacherben) erwerben zunächst ein vererbliches Anwartschaftsrecht und erhalten das Vermögen des Erblassers, wenn der Vorerbe stirbt. Der Vorerbe darf nur, wenn er von den gesetzlichen Beschränkungen befreit wird  im Testament, über die Nachlassgegenstände verfügen, sie also belasten oder verkaufen, aber niemals verschenken.

Vom gesetzlichen Schenkungsverbot kann nicht befreit werden!

Ohne Befreiung darf der Vorerbe nur die Erträge des Nachlasses für sich nutzen, z.B. Mieten oder Zinsen daraus ziehen, nicht aber die Substanz angreifen.

Auch sonst gibt es Beschränkungen, um den Nachlass für die Kinder zu sichern. Die Trennungslösung ist komplex in der rechtlichen Gestaltung und gelingt dem Laien nicht.

Form und Bindungswirkung

Das Berliner Testament muß als gemeinschaftliches Testament ebenso eigenhändig (komplett handschriftlich) verfasst werden wie ein Einzeltestament. Es reicht aber aus, wenn einer der beiden Ehegatten die Erklärung eigenhändig mitunterzeichnet (§ 2267 BGB). Wechselbezügliche Verfügungen sind zu Lebzeiten gemeinsam immer abänderbar und auch einseitig frei widerruflich. Der einseitige Widerruf muß allerdings notariell beurkundet und die Urkunde muß in sog. Ausfertigung dem anderen Ehepartner zugestellt werden.

Die Ehegatten können nicht ausschließen, dass die Kinder beim ersten Erbfall ihren Pflichtteil gegenüber dem längstlebenden Elternteil geltend machen, also 50 % dessen, was ihnen bei gesetzlicher Erbfolge zustünde.

Dies kann nur erschwert werden durch eine Klausel dahin, daß das Kind, das den Pflichtteil gegen den Willen des überlebenden Elternteils geltend macht, gerade nicht mehr Schlußerbe ist, also auch nach dem Tod des längstlebenden Elternteils nur den Pflichtteil erhält. Auch können über Vorausvermächtnisse bestimmte Nachlassgegenstände, zum Beispiel ein Betrieb oder eine bestimmte Immobilie, nach dem Tod des Längstlebenden einem bestimmten Kind zufallen.

Bei der Entscheidung „Berliner Testament ja oder nein?“ kommt es auf die individuelle Familien- und Vermögenskonstellation an. Auch Erbschaftsteuerfragen spielen dabei eine Rolle. Beide Ehegatten müssen die Szenarien verstehen, bewerten und sich einig sein. Aufgrund der Komplexität empfiehlt es sich, einen im Erbrecht erfahrenen Notar hinzuzuziehen. Fehler, die dem Laien nahezu zwangsläufig unterlaufen und häufig große Gerechtigkeitslücken reißen, sind nicht mehr korrigierbar!

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